Das Projekt
Analyse der Beziehung zu Lerngelegenheiten während des Übergangs von der Ausbildung in den Lehrberuf in regionalen Kontexten in Deutschland und der Schweiz
Klassenführung bezieht sich auf instruktional-organisatorische Handlungen von Lehrkräften zur Herstellung von Ordnung und effektiver Zeitnutzung im Unterricht. Meta-Analysen belegen die positiven Wirkungen einer effektiven Klassenführung im Unterricht auf die Lernergebnisse von Schüler*innen. Berufseinsteigende sind jedoch oft stark gefordert: Sie berichten, dass Klassenführung für sie eine der größten Schwierigkeiten darstellt und sie sich nicht hinreichend gut darauf vorbereitet fühlen. In dieser Hinsicht bestehen hohe, teils unerfüllte Erwartungen an die Lehrer*innenbildung.
Seit dem Frühjahr 2023 arbeitet das Projektteam der Universität zu Köln zusammen mit Wissenschaftler*innen der Pädagogischen Hoch schule St. Gallen (CH) und der Paris Lodron Universität Salzburg (AT) an der Generierung neuer Erkenntnisse zur professionellen Lehrkompetenz für eine effektive Klassenführung. Das Projekt hat zum Ziel, Klassenführungskompetenzen angehender Lehrkräfte der Sekundarstufe in ausgewählten Regionen der drei Länder empirisch zu untersuchen. Die Lehrkräfte am Ende ihrer Ausbildung werden adressiert und anschließend in ihrem Berufseinstieg wissenschaftlich begleitet. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zu den Diskursen der Lehrer*innenbildung sowie des Übergangs in den Beruf, auch unter einer berufsbiografischen Perspektive zum Lehrberuf. Das Projekt folgt der bisherigen Forschung zum pädagogischen Wissen und aktuellen Vorstellungen zur Kompetenzmodellierung. Entsprechend wird Klassenführung als fachübergreifende, generische berufliche Anforderung von Lehrkräften aufgefasst, für deren erfolgreiche Bewältigung sowohl professionelles Wissen als auch situationsspezifische Fähigkeiten auf Seiten der Lehrkräfte nötig sind.
Für die Erarbeitung des theoretischen Rahmens im TCM-Projekt wird zwischen organisationalen und instruktionalen Aspekten der Klassenführungskompetenz unterschieden. Time on task sowie Ausbleiben von Störaufkommen werden dabei nicht explizit als Herausforderungen gelistet, sondern als Ergebnisse der konkreteren Herausforderungen betrachtet. Die auf diese Weise in der Tabelle ausgewiesenen organisationalen und instruktionalen Inhaltsaspekte bilden eine Taxonomie für typische Anforderungen, die sich an Lehrkräfte stellen, um eine effektive Klassenführung zu meistern. Diese Taxonomie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern übernimmt aus forschungspraktischen Gründen, z.B. um die Entwicklung von Erhebungsinstrumenten im Projekt konzeptionell abzustimmen, eine heuristische Funktion. Zugleich besitzt die Taxonomie hinreichend offene Anschlussstellen, die weiterführend gefüllt werden können (z.B. mit Blick auf Digitalisierung).
Im ersten Projektjahr wurden auf Basis existierender Instrumente des Projektteams ein neues Inventar an Messinstrumenten entwickelt, um Wissen und situationsspezifische Fähigkeiten als Facetten einer professionellen Kompetenz von Lehrkräften für eine effektive Klassenführung zu operationalisieren sowie um klassenführungsspezifische Lerngelegenheiten zu erfassen, die über die Kontexte Deutschland, Österreich und der Schweiz vergleichbar sind. Mit Beginn des zweiten Projektjahres folgt nun ein Survey von Kompetenzen und Lerngelegenheiten mit regional repräsentativen Stichproben. Dabei wird die erfasste Lehrkompetenz als Ergebnis der Lehrer*innenbildung gemessen und die angehenden Lehrkräfte extensiv zu ihren klassenführungsspezifischen Lerngelegenheiten befragt. Im dritten und letzten Projektjahr schließlich, also ein Jahr später, werden bei den dann anzutreffenden Berufseinsteiger*innen die Lehrkompetenzen erneut getestet und klassenführungsspezifische Lerngelegenheiten des Übergangs erhoben.
Das Projekt wird zum Diskurs über ein gemeinsames Verständnis von TCM in Deutschland, Österreich und der Schweiz beitragen: Es bietet neue Einblicke in die Messung von Lehrkompetenzen, die Transformation solcher Kompetenzen während des Übergangs von der Ausbildung in den Beruf und wie sie durch Lerngelegenheiten in den beteiligten Kontexten geprägt werden. Dabei zielt das Projektinteresse vor allem auf die Herausarbeitung von strukturellen Gemeinsamkeiten, die in den drei Kontexten auffindbar sind. Langfristig ist ein Folgeprojekt geplant, in dem die prädiktive Validität der getesteten Kompetenzen für Unterrichtsqualität und Lernfortschritte von Schüler*innen überprüft wird.